Das Fest der Liebe mit den vielen erfüllten und unerfüllten Wünschen ist vorbei.
Wir haben in leuchtende Kinderaugen gesehen, Geschenkpapierberge in Säcke gestopft und uns mit Rotwein den Abend selig getrunken.
Für alle ist eines an Weihnachten ähnlich:
Wir haben große Erwartungen
Hoffentlich kommen die Gäste pünktlich, die Kinder sind artig und warten geduldig auf den Mann mit dem Rauschebart und bitte ein möglichst nie leer werdender Jutesack voller ausgewählter, persönlicher, schon dekorierter Geschenke.
Dann sitzen wir alle am runden Tisch, es gibt ausschließlich fröhliche Themen auszutauschen und wir prosten uns zu:
Auf das Weihnachtsmärchen !
Und dann sitze ich dennoch so oft an den heiligen Abenden mit meinem Glas in der rauschenden Menge, der Blick hängt verklärt auf den Lichtern des Weihnachtsbaumes und mich überkommt ein Fluchtgefühl.
Ist das hier alles echt ?
Ich habe darüber lange nachgedacht, warum es sich so anfühlt. Warum meine Seele einerseits nach der Nähe zu den Lieben sucht und andererseits abhauen will.
Das Weihnachtsfest war immer sehr besonders, als ich noch klein war. Ich habe einen Wunschzettel geschrieben, den meine Eltern in Empfang nahmen. Natürlich für den Weihnachtsmann! Es gab einen wunderschönen Weihnachtsbaum, welchen wir zusammen mit Mama schmückten und Papa hat jedes Jahr eine Geschichte erfunden, wie der Weihnachtsmann zu uns kommen wird. Meine Großeltern kamen am Heiligabend zu uns nach Hause und ich versteckte mich Jahr für Jahr hinter der Couch, weil ich Angst vorm Weihnachtsmann hatte. Ich packte gefühlt 100 Geschenke aus und durfte länger wach bleiben. Wenn wir an den Weihnachtsfeiertagen dann bei meinen Großeltern waren, bin ich auf dem Nachhauseweg meist völlig erschöpft eingeschlafen und mein Papa hat mich über die Schultern gelegt und mich ins Haus getragen. Meine Kinderaugen leuchteten jedes Jahr, wenn ich die bunten Geschenke unter dem Baum liegen sah.
Meine kindliche Naivität ließ keine Erwartungen zu
Als Kind habe ich mich zwar erwartungsvoll auf den Weihnachtsmann gefreut, aber nicht nach Idealen gesehnt oder Erfahrungen verglichen. Ich habe nicht bewertet, Geschenke und Gesten nie analysiert. Ich habe nichts befürchtet. Nicht spekuliert. Kein Verlangen gespürt. Niemals Zweifel gehegt.
Nun saß ich dort auf dem Stuhl mit meinem Glas Wein und schaute auf den geschmückten Weihnachtsbaum. Um mich lärmende Kinder, wuselnde Erwachsene, aufgeweckte Hunde. Der Ablauf des Abends erwartungsgemäß: Leckeres Essen, aber gar keinen Appetit. Viele, viel zu viele Geschenke, aber persönlich ausgesucht. Nette, ernsthafte Gespräche. Lustige Weihnachtsvideos ansehen. Schallendes Gelächter. Aufmerksame Gastgeber. Erschöpfte, heulende, quengelnde Kinder. Schnelles Einschlafen der Kleinsten. Halbwegs zufrieden in einen Sessel sinken. Wegdriften zu den Ereignissen im letzten Jahr. Besinnung finden. Dankbarkeit fühlen. Erleichterung, dass ein paar Minuten Ruhe in meine Seele einkehrt. Das Herz zerwühlt noch die Fakten: die Gastgeber sind nicht meine Eltern, der Vater meines Kindes ist nicht mehr hier. Die Ideale in meinem Kopf sind verkappte Realitäten. Die Erwartungen werden nicht mehr erfüllt. Sie können nicht mehr erhofft, erträumt, erwünscht werden. Zweifel schwappen über den Teller wie die Rotweinpflaumen über das Dessert.
Unerfüllte Wünsche bleiben
Auch das ist bei uns allen ähnlich.
Den Zustand völliger Erwartungsfreiheit wird kaum ein Mensch erreichen, der in einem sozialen Umfeld lebt. Weil wir ständig auch mit den Hoffnungen der anderen konfrontiert sind.
Große Erwartungen sind oft große Enttäuschungen.
Sie gaukeln uns in der Vorstellung ein wunderschönes Bild vor und lassen es dann im echten Erleben in kleine Teile zerspringen.
Wir verlangen oft zu viel von anderen und auch von uns selbst.
Es geht um das Loslassen deines eigenen „Wartezustandes“.
Das Leben erwartet nichts von dir
Es wartet sowieso auf dich. Deine Träume, diese vielen kleinen Inseln, sind geduldig.
Ersehne dir nicht dein Leben oder gar dein Tun.
Halte es und wenn es dich wieder einmal umherwirbelt, pack es bei den Händen und tanze solange, bis der nächste Morgen graut.
Dem Morgen, bei dem schon alles wieder anders aussieht.
So manches, was wir erwarten,
kann nur von innen kommen
Else Pannek (1932 – 2010), deutsche Lyrikerin
Ich wünsche dir einen erwartungs- und vorsatzfreien Start in das neue Jahr 2018.
Erfülle dir vielleicht einen langehegten Traum.
Als sinnvolle Erwartung an dich selbst.
2
[…] letzten Jahre habe ich erwartungsvoll in den Himmel geschaut, die Feuerwerke bestaunt, die Sektkorken knallen lassen. Auf Silvesterpartys […]
[…] wo es wenig zu erwarten gibt, weil man den Menschen einfach kennt und weiß, dass er z.B. länger braucht, um auf […]