Der Abschied vom vergangenen Jahr ist mir nicht schwer gefallen. Es war ein Abschied auf leisen Sohlen.
Keine Verabschiedungszeremonie, keine Party.
Die letzten Jahre habe ich erwartungsvoll in den Himmel geschaut, die Feuerwerke bestaunt, die Sektkorken knallen lassen.
Auf Silvesterpartys habe ich zu viel getrunken und mit Menschen auf das neue Jahr angestoßen, mit denen ich nicht einmal im alten Jahr etwas zu tun hatte.
Befremdlich
Ich habe mir meist viel für ein neues, besseres Jahr vorgenommen.
Es waren die klassischen Vorsätze mit dem Rauchen aufzuhören, noch mehr Sport zu treiben, noch etwas gesünder zu leben.
Doch in mir hat sich etwas verändert. Und das tut es noch.
Zum Jahreswechsel 2015/2016 war ich mit einer meiner besten Freundinnen und deren Freunden an der Ostsee, um dort ein paar Tage gemeinsam mit meinem Sohn zu verbringen. Es waren 8 Erwachsene, 4 Kinder und 2 Hunde im Haus und immer Trubel. In der Silvesternacht gingen wir alle bis auf einen, der wegen der Kinder im Hause blieb, zum Strand. Dieser ist nur etwa 100 Meter entfernt. Dort wollten wir das neue Jahr begrüßen und die Männer ließen Raketen in die Luft steigen. Meine Freundin schoss den Korken aus einer Champagner-Flasche in die sternenklare Nacht. Sie prostete uns mit den Worten zu, dass dies ihr vorerst letztes Glas sei…Ich verstand sofort und Freudentränen schossen in meine Augen.
Vorfreudig
Es fühlte sich für mich wie ihr kleiner freudig-leiser Abschied vom alleinigen Paar-Sein zum gemeinsamen Elternwerden an. Und das kannte ich nur zu gut von mir selbst.
Wieder zurück am Ferienhaus zählten wir die Sekunden bis 0 Uhr und die Pärchen fielen sich in die Arme. Einen kurzen Moment stand ich inmitten der sich Haltenden und hielt mich an meinem Glas Sekt fest. Nachdem ich alle auch umarmt hatte und wir uns gegenseitig die besten Wünsche für Kommendes ausgesprochen hatten, schank ich mir noch ein Glas ein und lief durch die dunklen Hecken zum Strandübergang. Allein stand ich vor den leisen Wellen der Ostsee und eisig kalter Wind zog durch meinen Mantel. Mein feuchter Blick suchte die Sterne, in deren Unendlichkeit ich so etwas Frieden fand. Es war mein kleiner leiser Abschied von einem Jahr, was mich soviel Kraft gekostet hatte.
Heilsam
Seitdem habe ich zum Jahreswechsel immer vor allem das im Kopf, was im Vorjahr gegangen ist.
Freundschaften, die ich ziehen ließ.
Liebe, die sich verändert hat.
Menschen, welche sich verabschiedet haben.
Erwartungen, die ich gehen lassen musste.
Ideale, die nicht mehr haltbar sind.
Wünsche, die sich nicht erfüllt haben.
Hoffnungen, die ich aufgab.
Von dem, was du erkennen und messen willst, musst du Abschied nehmen, wenigstens auf eine Zeit.
Erst wenn du die Stadt verlassen hast, siehst du, wie hoch sich ihre Türme über die Häuser erheben.Friedrich Nietzsche
Für das neue Jahr habe ich mir nichts vorgenommen.
Im Bewusstsein, dass es mich doch hinträgt, wo ich hin muss, um Abschied zu nehmen.
Und um liebevoll Neues begrüßen zu können.
Ein lachendes und weinendes Auge in mir.
Neugierig
Auf all das, was mir passiert.
Was mich erfüllt, mir Freude schenkt, mich wachsen lässt.
Was zwischen den Zeilen steht.
Auf all das, was vernarbt.
Das, was mir klar werden wird.
Die Menschen und Umstände, die mein Herz erreichen werden.
Auf Momente, die wir alle nicht festhalten können.
Auf wertvolle Zeit.
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Auf 2018 mit allem was ist. Ein schöner Artikel, liebe Jane. Irgendwie geht es mir wie Dir. Seinen Frieden finden mit allem was passiert und sich einfach treiben lassen, auf die Gefahr hin, dass man glücklich wird.
Hallo Sebastian, ich danke dir für deine Worte und wünsche Dir ein friedvolles, glückliches Jahr 2018.
[…] Oftmals sind es schleichende Prozesse, durch welche sich Beziehungen verändern. Leise Abschiede. […]