Sie zu erreichen, ist jedes Mal ein wunderbares Gefühl
Wünsche
Das Fest der Liebe mit den vielen erfüllten und unerfüllten Wünschen ist vorbei.
Wir haben alle unsere eigene Vorstellung von Weihnachten:
Einige lieben das Fest, andere nervt der Rummel darum.
Tiefe Besinnlichkeit vs. gesteigertes Konsumverhalten.
Bis zuletzt stürzen viele in die Geschäfte, um ihren Familien und Freunden besonders aufmerksame Geschenke zu machen.
Doch was können wir nicht mit Geld bezahlen oder in materieller Zuwendung verpacken ?
Ich wünsche dir …
1. Menschlichkeit
Eine Eigenschaft, die sich gesellschaftlich stark gewandelt hat: durch Macht, Position und Kapitalismus. Aber auch stark gesteuert durch die veränderte Mentalität der Menschen.
Wir holen schneller die Ellenbogen raus, wenn es ums eigene „Überleben“ geht – obwohl es im Angesicht zu unserer Historie zu früheren Zeiten um das tatsächliche nackte Überleben ging.
Wenn meine Oma von ihren Erlebnissen aus dem 2. Weltkrieg erzählt und ich an ihren Lippen hänge, spüre ich, wie sehr die Zeit uns alle verändert hat.
Damals ging es oftmals den ganzen Tag nur darum, dass am Abend alle Kinder etwas Warmes zu essen bekamen.
Aus tiefer Not wurden die Kartoffeln gar noch aus dem Schweinetrog gestohlen, damit der Magen nicht wieder die ganze Nacht knurrte.
Alle rückten eng zusammen und jeder gab dem anderen noch ein Stück von seinem Brot, damit alle satt wurden.
Würden wir dies heute auch noch tun ?
Menschlichkeit bedeutet heute globale humanitäre Hilfe. Die Politik engagiert sich dafür und die Öffentlichkeit wird durch Bilder hungernder Kinder und zerstörter Heimat in Erdbebengebieten, sowie Kriegen in der ganzen Welt, immer wieder an diesen tiefen, moralischen Wert erinnert.
Menschlich sein fängt aber auch im Kleinen an: im Umgang miteinander.
Dem anderen eine helfende Hand entgegen strecken, auch wenn er nicht danach fragt.
Einfach, weil man die Not erkennt. Jemandem Mitgefühl entgegenbringen, der gerade eine schwere Zeit durchmacht.
Sanftmütig sein, wenn es um Zwischenmenschlichkeit geht und nicht nur auf eigenes Recht pochen.
Sich gütig zeigen.
Bedingungslos Geben.
Mein Vater hatte ein stürmisches Jahr: sein Körper machte nicht mehr das, was er sollte.
Er ist ein schwerkranker, alleinstehender Mann.
Das zu akzeptieren und zu verstehen, ist an sich schon schwer genug, wenn man im mittleren Alter ist. Er war viele Wochen im Krankenhaus.
Neben dem Ankämpfen gegen seine chronische Depression gingt es darum, neuen Mut zu fassen für all das, was kommt.
Dies fing in sehr kleinen Schritten an:
ihn täglich zweimal anrufen, um ihm das Gefühl zu geben, dass er sich stets auf mich verlassen kann.
Ihm Struktur geben, weil er an den kleinsten Dingen im Alltag zuhause verzweifelt ist.
Ihm eine feste Umarmung mehr schenken, weil er es einfach brauchte: das Gefühl, dass er es wert ist.
Das Gefühl, dass er als Mensch zählt.
Ich wünsche Dir, dass du den Menschen um dich herum etwas mehr davon geben kannst. Etwas mehr Menschlichkeit.
2. Gesundheit
Durch die Geschichte mit meinem Vater wurde mir im letzten Jahr wieder deutlich bewusst, wie wesentlich es ist, gesund zu sein.
Gesundheit bedeutet die Freiheit, alles tun zu können. Für viele von uns ist es schlicht eine selbstverständliche Gegebenheit, dass wir tun und lassen können, was wir gerade wollen.
Das geht aber auch nur, weil wir gesund sind. Wird ein naher Angehöriger krank oder gar wir selbst, wird uns bewusst, dass der Wunsch nach Gesundheit auf der letzten Geburtstagskarte eben nicht nur eine Floskel war. Durch diese Erfahrung werden wir nachdenklicher und demütiger.
Wir erleben, dass unser Körper – oder unsere Seele – erkranken kann. Das wir nicht verschont werden oder es immer nur die anderen trifft.
8 Jahre lang kämpfte ich gegen meine Essstörung. Ich wurde zweimal mehrere Monate stationär behandelt, habe unzählige traurige Bilder gemalt, Gesprächstherapien geführt, Feldenkraistherapie erlernt. Ich habe das Essen verweigert oder mich ihm entledigt. Ich musste Tagebücher führen, die von Therapeuten gelesen und analysiert wurden, habe Taschengeld bekommen, habe auf der isolierten Station durch die Fenster das normale Leben draußen beobachtet. Ich durfte nicht alleine duschen gehen, manchmal wurde mir der Wochenendurlaub gestrichen. In 3,5 Jahren ambulanter Psychotherapie habe ich meine Familiengeschichte, meine Verlustängste und meine Selbstzweifel wieder und wieder besprochen und hinterfragt. Erst Jahre später habe ich begriffen, wie viel kostbare Zeit mir verloren gegangen ist. Aber heute bin ich gesund und das habe ich vor allem mir selbst zu verdanken.
Ich wünsche Dir, dass du deine Gesundheit schätzen lernst und das du nicht vergisst, wie schnell sich dieses Privileg auch ändern kann.
3. Dankbarkeit
Besonders, wenn wir durch tiefe Täler gehen oder gegangen sind, haben wir bestenfalls eines stark verinnerlicht: Dankbar zu sein.
Dafür, dass uns jemand aufgefangen hat, als wir es selbst nicht konnten. Das unser Leben trotzdem weitergeht, auch dann, wenn eine kleine, heile Welt zusammenbricht.
Das uns manche Menschen nie im Stich lassen – einfach, weil sie dich lieben. Wir sind dankbar, dass es uns gut geht.
Mein Hund begleitet mich und all meine Höhen und Tiefen, seitdem ich 15 Jahre alt bin. 1999 habe ich ihn aus dem Praktikum im Tierheim mitgenommen. Er ist mindestens 5 mal mit mir umgezogen, musste mich entbehren, wenn ich in den Kliniken war. Seitdem gehen wir jeden Tag nicht nur zusammen spazieren, sondern auch durch dick und dünn. Er war immer da, wenn ich traurig war und er hat mich sooft zum Lachen gebracht. Im September diesen Jahres ist er 18 Jahre alt geworden. Mit Tränen in den Augen habe ich ihm gratuliert und ihm einen ganz großen Knochen geschenkt. Er ist mein bester Freund. Und in mir ist so unendlich viel Dankbarkeit für all die Momente, die er mit mir teilt. Ich bin dankbar für jeden einzelnen Tag, den er an meiner Seite ist.
Ich wünsche Dir, dass du tiefe Dankbarkeit empfinden kannst. Das du zurückschaust, was das Leben dir geschenkt und wahrscheinlich ebenso genommen hat.
Von Herzen wünsche ich Dir ein friedvolles, gütiges, gesundes und dankerfülltes Weihnachtsfest.